Kultur
Galerie Giti
Nourbakhsch: Der Künstler als Heimwerker
03.08.2001 00:00 Uhr
Von
Claudia Wahjudi
Mit Platz geht Bernd Krauß
sparsam um. Gemälde und Zeichnungen verteilte der 33-jährige Berliner Künstler
in der Galerie Giti Nourbakhsch auf nur zwei Wänden; Eine Skulptur aus Holz und
Metall ragte in der Raummitte auf, und weiter hinten balancierte ein
Tischrahmen auf einem Baumstumpf. Die rechte Wand blieb leer. Dass er weit mehr
aufhängen könnte, wenn er wollte, demonstriert der Variationsreichtum seiner
Exponate: abstrakte Malerei in dunklem Lack auf Holz (je 4000 Mark),
Kugelschreiberzeichnungen auf Papier (ab 1000 Mark), Filzstiftzeichnungen auf
Kartons, die von Plexiglas umhüllt zu Objekten werden (je 3500 Mark), sowie ein
Wandbild in Wasserfarben (6000 Mark).
Alles ist möglich, nichts
muss perfekt sein. Ende Juli räumte Krauß den Raum ganz leer. Seine Arbeiten
stapeln sich jetzt in der Abstellkammer der Galerie auf zwei mal zwei Metern zu
einer klaustrophobischen Installation. So, wie sich am Computer Dateien immer
wieder anders gruppieren lassen, so ordnet Krauß seine Werke nach immer neuen
Gesichtspunkten: nach Farben wie Grün oder Braun oder eben nach den Maßen des
Raums. Krauß, der Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation studierte,
geht es um eine Systematierung der Wirklichkeit. Seine Vorgehensweise hat dabei
den Charakter von Heimwerkerarbeiten - den Baumstumpf der Skulptur hat er von
Hand geschält. Krauß malt Playboy-Centerfolds mit Buntstift ab und kopiert
Zeitungsartikel mit Kugelschreiber. "Hobbyismus" nennt er das. Arbeit
um der Arbeit willen - zweckfrei, mühselig und selbstbestimmt. Nach diesem
Prinzip macht Krauß auch Theater. Die leere Galerie nutzt er für gemeinsame
Proben mit Schauspielerfreunden. Jedes Wochenende zeigt er ein neues Stück. Den
Auftakt machte die Dreimannkomödie "Älterer Herr sucht Begleiting",
frei nach Marianne Scheers nur fast gleichnamigem Roman aus den fünfziger
Jahren. Zur Sonntagsmatinee im Hinterhof kamen genau vier Gäste, um
zuzuschauen, wie sich der Künstler das lebensgroße Bild eines Pinup-Girls
umhängte und so zur Hauptdarstellerin wurde. Ein Mitspieler ging auf die Knie,
um den Hund des älteren Herrn zu mimen, und selbst Susi, die Dogge der
Galeristin, spielte mit. Die Performance wird bei Krauß zum Zitat, das ein
bisschen Dada enthält, einen fröhlichen Verweis auf die sechziger Jahre und
viel Ironie: Mit dieser Strategie entzieht sich Krauß Stil- und
Genre-Diskussionen und plädiert für so etwas wie "Optionismus". Ab
August führt er Tanztheater auf.